Gitterschal genäht mit Möbius-Drehung

“Wir“ Maschinenstickerinnen kennen und benutzen sie seit langem : wasserlösliche Folie, bei Sulky oder Gunold heißt sie SOLVY, bei Madeira AVALON. Es gibt auch noch andere Marken und unterschiedliche Stärken – aber für das, was ich erklären möchte, reicht das ganz normale wasserlösliche Vlies.

In einigen Handarbeitsheften wird der sogenannte Gitterschal gezeigt – ich habe vor einigen Jahren mal einen geschenkt bekommen, später ein engl. Buch von Sulky gekauft, in dem diese Methode auch beschrieben war.

Nähmaschine haben ja die meisten Handarbeiterinnen – Stickmaschine benötigt man keine! Ich nehme allerdings kein "invisible" - Garn (unsichtbar) sondern immer Viskose-Stickgarn in multicolor-Farben passend zum Schal. Hab ich als Maschinenstickerin natürlich in vielen Tönungen. Unsichtbares Nähgarn gibt’s sicher überall dort zu kaufen, wo es Nähgarn gibt, Maschinenstickgarne jedenfalls da, wo es auch Näh- und Stickmaschinen gibt. (Oder im Internet, wenn wir uns schon hier tummeln). Material ist zum Beispiel die flauschige Microfaser-Wolle, die kratzt nicht und man sieht kleine Unebenheiten auch nicht. Bei Bändchengarnen muss man sehr exakt nähen. Da wäre es evtl. ratsam, vorher Gitterlinien mittels eines Phantomstiftes aufzuzeichnen.

Nun kann es losgehen!

Ich nehme ein Stück wasserlösliche Folie, für einen kurzen, breiten  Schal ca. 90cm ->>, 20 – 25cm breit. Wenn der Schal  noch einmal umgeschlungen werden soll, sollten es schon 110-120cm sein. (für den  gezeigten „Möbius-Schal“ habe ich 90cm lange und 30cm breite Folie genommen). Die Wolle wird zuerst in Längsstreifen aufgenäht, mit einem Zickzackstich von 3,5mm Länge und 3,5mm Breite. Wenn man am Ende der Bahn angelangt ist oder kurz davor, näht man normalerweise Anfangs- und Endfaden ein bisschen übereinander. Aber hier hält man die Machine an, denn jetzt kommt der TRICK mit der MÖBIUS-Drehung : ich lege den Anfang der Bahn nicht direkt an das Ende an, wie man es normalerweise tun würde, um eine Runde zu bekommen – ich drehe jetzt einmal die Bahn so, daß der Anfangsfaden plötzlich unter der Folie und auf der linken Seite zu sehen ist. Dann klebt man die Bahn etwas zusammen und sie ist nun eine Runde.

 Unten drunter, nicht zu  sehen, ist die Drehung.
 
Wenn ich jetzt weiternähe, nähe ich durch dieses „Endlosmachen“  immer gleichzeitig einen Faden auf der rechten Seite und einen auf der linken Seite.
 
Rechts nähe ich - dort ist der flauschige Faden oben, links ist der Faden auf der Unterseite, das passiert durch die Drehung zu Anfang.

Ich komme immer am Anfang an, nähe dort ein Stück über den Anfang und schneide den Faden ab. Ca. 1cm  daneben nähe ich die 2. Runde. Und immer so weiter....

 
Am besten geht es mit der Drehung am Freiarm zu nähen.
 
Die zur Runde geschlossene Bahn läuft hinten unter dem Freiarm wieder schräg nach rechts oben um die Runde zu vollenden.
 
Und dieses ist nun die letzte Runde Längsstreifen. Bei der Breite meines Schals habe ich 20 Wollfäden neben einander. 
 
So sieht der "halbe" Schal aus - bis jetzt sind nur die Längsfäden genäht. Und vorne kann man nun gut die Möbius-Drehung sehen.
 
Nun muss über diese Längsfäden senkrecht nach unten genäht werden. Wieder mit ca. 1cm Abstand wird jetzt das Gitter genäht. Das nähe ich sehr gern mit dem Anschiebetisch – bei der Brother-Maschine ist er schön breit – und nicht am Freiarm. Wenn man das kurze Stück (25-30cm) nach unten genäht hat, wird der Faden nicht abgeschnitten sondern den 1cm->> lang am äußeren Längsfaden weiter genäht und dann wieder senkrecht nach unten bis zum anderen Längsfaden
 
Dieses macht  man so oft, bis man ein vollständiges Gitter gestickt hat.  Dort, wo sich Längs- und Querfaden treffen, sind die Wollfäden fixiert – alles andere ist „Luft“. Na ja, vorerst noch Folie!
 
Der Schal ist fertig genäht ! Man kann nun sehr gut sehen, wie "ums Eck" genäht wurde.
Hab ich alles genäht, bürste ich dann noch ein bisschen die eingenähten kurzen Fasern aus der Zickzacknaht, damit der Schal schön flauschig wird. Aber auf beiden Seiten, denn die Fäden sind ja rundum auf beiden Seiten genäht.
 

Dann wird der Schal in lauwarmes Wasser gelegt – solange beim Waschen noch „Schaum“ auftritt, ist noch Folie in den Fasern.  Dann in einem Tuch ausdrücken und ein bisschen trocknen lassen – der federleichte kuschelige Möbius ist fertig! Natürlich kann man auch schmalere Schals nähen – ich habe auch welche mit nur 15cm Breite.

 
Voilà ! Der kuschelige Möbius ist fertig! Ein wunderschönes Geschenk - für sich selbst oder auch die beste Freundin ! ?
 
Jetzt kann man natürlich auch sagen: wieso soll ich mir die Mühe machen mit der Drehung und rund nähen, ich nähe einen breiten Streifen, und zum Schluss wird er gedreht und mit einem Querfaden fixiert. So kann man das sicher auch machen – aber ich wollte einen „echten Möbius“ – ein „Endlosband“. 

Wer wissen möchte, was die Möbius-Drehung überhaupt ist : http://www.kapege.de/Moebius2.php

Wasserlösliche Folie sollte man im Plastikbeutel aufbewahren und möglichst weg von Heizung und Sonne - sie wird sonst hart mit der Zeit. Beim Nähen macht es aber nichts aus, da nehme ich sowieso oft Reste, die ich mittels eines feuchten Fingers an den Rändern wieder zu größeren Stücken zusammen kleben kann.

Reste von der Folie kann man auch in Wasser auflösen und hat so Stärkemasse.

Copyright Liane Schommertz 2003